Erhaltungsgrade bzw. Prägebezeichnungen


Im Bereich der Münzen gibt es zahlreiche Ausdrücke, mit denen die Prägetechnik bzw. der Erhaltungszustand von Münzen bezeichnet wird. Diese Ausdrücke werden von Sammlern verwendet um eine einheitliche Sprache zu sprechen und um  Missverständnissen vorzubeugen. Natürlich gelingt auch dies nie ganz, da immer ein gewisser Spielraum besteht. Die  Erhaltungsgrade sind nicht normiert und daher verschieden auslegbar. Verkäufer von Münzen sind daher meist bestrebt, die angebotenen Münzen mit einem besseren Erhaltungsgrad wertvoller erscheinen zu lassen, während der Käufer meistens einen schlechteren Erhaltungsgrad feststellt um die Münze günstiger zu erstehen. Was die Sache zusätzlich erschwert sind  Zwischenstufen. Oft werden zwei Erhaltungsgrade gleichzeitig durch Bindestrich getrennt angegeben, was einen Mittelwert zwischen beiden darstellen soll. Auch die Kombination eines Erhaltungsgrad mit einem Plus- oder Minuszeichen soll diesen weiter präzisieren. Dies alles ist jedoch immer etwas subjektiv, da es ja keine Normierung gibt. Manchmal findet man auch die Kombination einer Prägetechnik mit einem Erhaltungsgrad. Der Phantasie sind also keine Grenzen gesetzt. Auch hängen die verwendeten Erhaltungsgrade von der Art der Münzen ab. So werden an heutzutage geprägte Münzen erheblich höhere Anforderungen gestellt, als an Münzen die vor einhundert Jahren geprägt wurden. Die unten angefügten Beschreibungen beziehen sich auf moderne Münzen. Bei alten Münzen kann man die Skalierung etwas zum schlechteren verschieben.
Mit der Verwendung dieser speziellen Ausdrücke sollten Laien insbesonders bei Internetauktionen sehr zurückhaltend sein. Es ist durchaus denkbar, das man eine schön glänzende Münze als "Polierte Platte" bezeichnet, sie jedoch nur "Stempelglanz" ist. Wie Sie unten lesen können, ist der Unterschied zwischen beiden gewaltig, obwohl sie optisch vielleicht kaum unterscheidbar sind. Selbst bei machen neueren Britischen Münzen kann der Preis dafür um über 4000 Euro verschieden sein, z.B. bei den Sovereigns von 1957-1959.
Es gibt bereits Gerichtsurteile die Verkäufer zur Lieferung der beschriebenen Ware verpflichteten obwohl der Versteigerungserlös in keinem Verhältnis zum wirklichen Wert stand. Sollten Sie also einen wunderbar aussehenden Sovereign von 1958 mit dem Auktionstext "Polierte Platte" für 100 EURO versteigern und nur einen in "Stempelglanz" liefern, könnte es durchaus geschehen, das Sie sich irgendwoher 4.000 EURO besorgen müssen um dem Käufer auch die angebotene Münze liefern zu können.
Am Ende der Seite finden sie eine tabellerische Gegenüberstellung der einzelnen Erhaltungsgrade in verschiedenen Sprachräumen. Besonders genau ist dabei das amerikanische System, das die Münzen mit Zahlen von 65 (alsolut prägefrisch) bis 0 (von Dampfwalze überrollt) bezeichnet. Der Nachteil dieses Systems ist, das es nur wenige perfekt beherrschen und die Münzen im Prinzip nur verschweisst gehandelt werden können. Selbst die kleinste Beschädigung kann eine Münze ein paar Zahlen schlechter machen. Einziger Schutz dagen ist sie nach der Bewertung einzuschweisen.
Versuchen Sie übrigens niemals den Wert einer Münze durch Polieren zu steigern. Erfahrene Sammler erkennen diese Reinigungsversuche mit einer Lupe sofort und bewerten die Münze schlechter als sie zuvor war. Eine Münze wird nicht dadurch wertvoller das sie glänzt. Entscheidend ist der Zustand der Oberfläche, insbesondere der scharfen Kanten. Genau  diese werden jedoch durch Reinigungsversuche abgerundet. Auch ein fleckiges Aussehen ist nicht unbedingt wertmindernd.

Die nachfolgende Auflistung ist grob von gut nach schlecht sortiert und enthält sowohl gebräuchliche als auch seltene oder gar veraltete Ausdrücke. Falls Sie einen Widerspruch zwischen meinen Beschreibungen und denen anderer Quellen feststellen, nehmen sie die andere Quelle als die bessere an. Ich habe viele verschiedene Quellen studiert und versucht die teilweise widersprüchlichen Beschreibungen unter einen Hut zu bringen. Leider ist es auch mir nicht immer gelungen richtig von falsch zu  unterscheiden, da wie schon erwähnt die Ausdrücke nicht normiert sind.

Polierte Platte (PP)
Die PP ist kein Erhaltungsgrad, sondern eine spezielle Prägetechnik. Dabei werden sowohl die Münzrohlinge als auch die beiden Prägestempel vor dem Prägevorgang poliert und es wird mit erhöhtem Druck geprägt. Die Prägestempel werden regelmässig nachpoliert oder frühzeitig durch neue ersetzt. Häufig findet die Prägung in staubfreier Reinraumatmosphäre statt. Die fertigen Münzen werden von Hand einzeln aus der Prägemaschine entnommen und verpackt. Dieses aufwändige Verfahren wird in der Regel nicht für Umlaufmünzen verwendet. Es kommt normalerweise nur für Sammlermünzen zum Einsatz, die dadurch in bester Qualität hergestellt werden können. Diese werden daher auch nicht zum Nennwert abgegeben sondern von den Prägeanstalten für teures Geld verkauft. In Grossbritannien wurden jedoch tatsächlich einmal absichtlich 70.000 PP-Münzen für den Umlauf ausgegeben. Dies geschah 1961 mit der 25 Pence Crown bei der Weltausstellung in New York. Allerdings könnten diese Münzen auch mit der nachfolgend beschriebenen Spiegelglanztechnik hergestellt worden sein. Die mir bekannte Literatur gibt darüber keine Auskunft.
Im englischen Sprachraum werden die PP-Münzen häufig noch weiter nach ihrem Erscheinungsbild bezeichnet. Dies sind jedoch keine Qualitätsmerkmale, sondern nur Beschreibungen für das Aussehen:
Bright Proof oder auch Unfrostet Proof:
Die ganze Münze spiegelt überall gleich. Das bedeutet das sie keine mattierten Stellen enthält. Diese Prägetechnik ist für deutsche Münzen unüblich. Die meisten Staaten prägen ihre PP-Münzen als
Frosted Proof oder auch Cameo Proof:
Dabei werden die Prägestempel an bestimmten Stellen durch eine Sandstrahlbehandlung angerauht. Üblicherweise ist der behandelte Teil das Münzmotiv oder der abgebildete Kopf.  Dieser erscheint dann matt, während der Münzhintergrund spiegelt.  Es gibt auch noch die umgekehrte Variante, bei der das Motiv spiegelt und der Hintergrung matt ist. Sinnigerweise wird diese Version als Reverse Proof bezeichnet. Als Gegenstück zum Bright Proof gibt es dann noch das
Matte Proof:
Hierbei ist die ganze Münzoberfläche mattiert. Satt dem Ausdruck mattiert verwendet man auch häufig den besser klingenden Ausdruck satiniert.
Zur Veranschaulichung sind jetzt zwei Two-Pence Stücke abgebildet. Das linke ist eine normal geprägte Umlaufmünze. Sie glänzt überall gleich, so wie eine Unfrostet Proof-Münze glänzen würde. Rechts daneben ist sie in der Frosted Proof Prägung zu sehen. Man kann ganz deutlich erkennen, das das Bildniss von Elizabeth II mattiert ist. Wenn Sie auf die Bilder klicken werden sie grösser dargestellt.

2 Pence "Unfrosted Proof"          2 Pence "Frosted Proof"
Die Britische RoyalMint führte bei denjenigen Britannia-Münzen die 2003 als PP geprägt wurden erstmalig eine ganz neue Technik ein. Sie prägte die Vorder- und die Rückseite in verschiedenen Techniken. Die Vorderseite zeigte das matte Kopfbildnis von Elizabeth II vor einem spiegelnden Hintergrund (Frostet Proof), während die gesamte Rückseite einheitlich satiniert ist (Matte Proof).

Spiegelglanz (spgl.)
Hierbei handelt es sich wie bei der Polierten Platte auch um eine Prägetechnik. Der einzige Unterschied liegt darin, das die Münzrohlinge diesmal nicht poliert sind. Die Unterscheidung zwischen PP und Spiegelglanz wird allerdings selten durchgeführt. Meist werden beide Verfahren als PP bezeichnet. Der Grund dürfte auch darin liegen, das vermutlich ohnehin fast niemand einen Unterschied sieht, besonders dann nicht wenn es kein Vergleichsstück mit der anderen Prägetechnik gibt. Dieses Vergleichstück wird es jedoch normalerweise nie geben, da die Prägeanstalten nur eine der beiden Techniken pro Münztyp verwenden.

Stempelglanz (stgl.)
Ist der Erhaltungsgrad einer frisch geprägten Umlaufmünze für Sammlerzwecke. Im Gegensatz zur Massenprägung für den Umlauf wird auch diese Münze, wie die verschiedenen PP-Münzen, von Hand entnommen und verpackt. Auch diese Münzen werden durch die Prägeanstalten für teures Geld verkauft. Normale Umlaufmünzen werden maschinell ausgeworfen und landen in Auffangbehältern mit vielen anderen. Dadurch sind kleinste produktionsbedingte Beschädigungen unvermeidlich, die bei einer stgl.-Münzen nicht toleriert werden.

Handgehoben (hgh.)
Je nach Literatur gibt es verschiedene Definitionen von Stempelglanz. Manche Quellen verwenden den Ausdruck Stempelglanz für Münzen die maschinell ausgeworfen wurden. Diese Quellen bezeichnen dann die für Sammlerzwecke von Hand entnommenen Stücke als handgehoben. Wieder andere Quellen bezeichnen handgehoben als ausschliesslich österreichische Sonderqualität.

Erstabschlag (EA)
Etwa die ersten 100 Münzen die mit einem frischen Prägestempel hergestellt wurden werden so bezeichnet. Sie zeichnen sich durch ein besonders ausgeprägtes Relief aus. Danach weisst dann der Prägestempel bereits die ersten minimalen Veränderungen durch den Pressdruck auf, was sich auf das Aussehen der Münzen bereits auswirkt. Dies soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, das ein Prägestempel mehrere zigtausend Prägevorgänge lang verwendet werden kann und die Münzen danach immer noch in guter Qualität rauskommen.

Exportqualität

Eingeschweisste hochwertig geprägte Münzen der staatlichen Münzprägeanstalt VEB-Münze Berlin (ehemalige DDR) die gegen Devisen in das kapitalistische Ausland verkauft wurden.

Sammlerausführung
Maschinell ausgeworfene Münze, die speziell für Sammler aus dem grossen Haufen ausgeworfener Münzen entnommen wurde, bevor dieser rolliert oder sonstwie verpackt und an die Banken abgegeben wird. Die Münze enthält minimalste Beschädigungen durch den Auswurfvorgang.

Bestes normal geprägtes Stück
Wird ausgewählt aus herkömmlich geprägten Münzen, die durch die die Prägeanstalt bereits verpackt wurden. Dazu öffnet der  Sammler z.B. eine Münzrolle und sucht aus dieser das schönste Stück aus. Diese Münze zeigt auch nur kleinste Beschädigungen, die durch den Auswurf- und Verpackungsvorgang herrühren.

Bankfrisch (bfr.)
Durch die Prägeanstalt frisch an Banken ausgelieferte Münzen. Diese sind normalerweise in Säcken verpackt und weisen neben den produktionsbedingten kleinsten Beschädigungen auch Transportschäden auf. Diese Transportschäden sind jedoch auch nur minimalste Schäden. Sie entstehen durch die Reibung der Münzen in den Säcken während der Fahrt und bei den Umladevorgängen.

Vorzüglich (vzgl.)
Ist der Erhaltungsgrad einer frisch geprägten Umlaufmünze die maschinell aus der Prägemaschine ausgeworfen wurde. Sie darf auch bereits im Umlauf gewesen sein und kleinste Zirkulationsspuren aufweisen. Die Kanten der Münze dürfen allerdings keine Kerben aufweisen.

Sehr schön (ss.)
ist der Erhaltungsgrad einer Münze mit deutlichen Umlaufspuren. Er gilt als unterste Grenze für sammelwürdige Münzen aus der neueren Zeit. So darf die scharf aufgeprägte Schrift bereits angerundete Kanten besitzen. Kleine Details auf der Münze die wie die Schrift ursprünglich scharfkantig waren, dürfen auch diese Abrundungen besitzen. Nicht zu diesem Erhaltungsgrad gehören jedoch Schrammen, Kerben und abgeschliffene bzw. angeraute Stellen. Diese Beschädigungen müssen bei einem Verkauf in der Produktbeschreibung ausdrücklich angegeben werden. 

Sehr gut erhalten; Schön (s.)
Erhaltungsgrad für deutlich gebrauchte Münzen. Diese werden eigentlich nur noch in historische Sammlungen eingebunden weil man nur schwer ein bessere erhaltenes Stück findet. Allerdings gehören auch hier keine Schrammen und Kerben zur Definition und müssen daher gesondert ausgewiesen werden. Randbeschädigungen sind jedoch bereits zulässig und müssen nicht extra genannt werden.

Gut erhalten
Gut klingender Ausdruck für Münzen mit deutlichen Abnutzungserscheinungen. Das Münzbild als solches ist noch erkennbar.

Gering erhalten
Schlechtester Erhaltungsgrad für Münzen. Diese weisen deutliche Abnutzungserscheinungen auf. Es ist gerade noch erkennbar um was für eine Münze es sich handelt.


Deutsche Bezeichnung
Englische Bezeichnung
Amerikanische Bezeichnung
Polierte Platte (PP)
Proof

Spiegelglanz (spgl.)
Proof like (PL)

Stempelglanz (stgl.)
brilliant uncirculated (BU)
65
Handgehoben (hgh.)


Erstabschlag (EA)


Sammlerausführung


Bestes normal geprägtes Stück


Bankfrisch
uncirculated (UNC)

Vorzüglich (vzgl.)
extra fine (EF bzw. EX)

Sehr schön (ss.)
very fine (VF)

schön (s.)
fine (F)

sehr gut erhalten (sge.)
very good (VG)

gut erhalten
good (G)

gering erhalten
poor (PR)
0


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Joachim Harsdorf's Münzen Seite / Stand vom 26.  Mai 2005